Zuvor:
Zunächst ein Überblick über die finanzielle Situation der privaten US-Haushalte im dritten Quartal 2008:

Die Entwicklung hat mittlerweile wahrhaft ein historisches Ausmaß angenommen.

Das Nettovermögen der US-Haushalte befand sich laut ‘Flow of Funds’-Bericht zum 3. Quartal 2008 bei 56,540 Billionen USD.
Prozentual sank das Nettovermögen um -4,7% zum Vorquartal; das erste Mal seit 1952, dass dieses vier Quartale infolge rückläufig war, lediglich im 2. Quartal 1962 wurde ein größerer Rückgang gemessen (-5,0%).
Die Jahresrate liegt bei -11,1% nach -6,7% im Vorquartal.
Der unten stehende Chart zeigt die Entwicklung seit 1952:

Ein ähnlicher Werteverfall wurde bisher nicht beobachtet.
Ursächlich für den Abfall sind zum einen die fallenden Vermögenswerte (-8,6% zum VJ), auf der anderen Seite steigen die Verbindlichkeiten mit +3,0% auf Jahresbasis.
A. Widmen wir uns zuerst dem Vermögensverlust:
Die Sachanlagen sollen im dritten Quartal 2008 um 6,6% zum Vorjahr gesunken sein. Der Rückgang der Immobilienwerte wird mit 9,8% veranschlagt; bemerkbar macht sich hier der landesweit gesunkene Hauspreis.
Die US Amerikaner haben zudem ihr tatsächliches Immobilienvermögen durch Cashout-Refinanzierungen und geringe bis keine Eigenkapitalbeteiligung beim Immobilienkauf reduziert. Der Anteil der Immobilien, den die Hausbesitzer ihr Eigen nennen (’Owners’ equity as percentage of household real estate’), lag zuletzt bei 44,7%. Noch vor drei Jahren befand sich der Prozentsatz bei 58,8%.
Auch hier die Entwicklung seit 1952:

Die Finanzanlagen, die ca. 60% des Gesamtvermögens ausmachen, sanken alleine im dritten Quartal 2008 um 4,5% zum Vorquartal und 9,6% zum Vorjahr. Vornehmlich waren dies Aktien (-27,3%), Fondanteile (-17,5%) und Pensionsfondbeteilungen (-12,5%). Der Wertverlust der Finanzanlagen alleine betrug 2,148 Billionen USD; davon waren 943 Mrd. USD bei den Aktien, 597 Mrd. USD bei Fondanteilen und 600 Mrd. USD bei Pensionsfondbeteilungen angesiedelt. Allesamt größer als der Wertverlust der Immobilien von 557 Mrd. USD, der letztendlich vom Volumen her ein Viertel des Verlustes der Finanzanlagen ausmacht.
Nimmt man das Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder das frei verfügbare Einkommen (DPI) als Bezugsgröße für die Finanzanlagen, so ergibt sich ein deutlicher Rückgang seit dem zweiten Quartal 2007. Bezogen auf das BIP sank der Anteil von 360,5% auf zuletzt 313,9% und bezogen auf das frei verfügbare Einkommen fiel der Wert von 490,9% auf 423,8%.
Der Chart rechts zeigt den historischen Verlauf.
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B. Steigende Verbindlichkeiten:
Die gesamten Verbindlichkeiten der privaten US Haushalte beliefen sich im dritten Quartal 2008 auf 14,574 Mrd. USD; das sind zwar 0,9% mehr als im Vorquartal, die Wachstumsrate auf Jahresbasis liegt aber mit +3,0% auf dem niedrigsten je gemessenem Niveau.
Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt machte das zuletzt 101,1% – siehe Chart.
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Ausschlaggebend sind hier die rückläufigen Hypothekenkredite bzw. deren geringeres Wachstum. Erstmals seit dem 1. Quartal 1983 sanken diese zum Vorquartal, zuletzt um -0,4%; im Vergleich zum Vorjahr wurden lediglich +1,5% beobachtet.
Im rechten Chart ist die Hypothekenverschuldung in Relation zu den frei verfügbaren Einkommen abgebildet.
Zuletzt notierte diese bei 98,9%.
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Im Vergleich zu den Hypothekenkredite ist das Volumen der Konsumentenkredite deutlich geringer (10,571 Mrd. USD zu 2,590 Mrd. USD); aber auch hier macht sich eine geringere Verschuldungsbereitschaft bemerkbar. Das Jahreswachstum notierte mit +3,5% auf dem tiefsten Stand seit 15 Jahren.
Nebenstehend sind beide Wachstumsraten abgebildet.
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Die monatlich publizierten Verbraucherkredite weisen die Autokredite als wesentlichen Bremsklotz aus. Mit zuletzt +1,2% befindet sich deren jährliche Wachstumsrate auf einem 15 Jahrestief und spiegelt sich in den hier mehrfach im Blog beschriebenen reduzierten Umsätzen der Automobilindustrie wieder. Das Volumen der Kreditkartenkredite wächst gebremst weiter; zuletzt lag die jährliche Wachstumsrate bei +4,0%. Die Wachstumsraten der Verbraucherkredite sind rechts nebenstehend abgebildet.
Demnächst mehr zu den US Kreditkarten.
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C. Im Ergebnis führte dies zu:
- Zahlungsverzögerungen
- Zwangsversteigerungen
- Insolvenzen
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Die finanzielle Situation der privaten US Haushalte spitzt sich zu. So hat sich laut Equifax und Moody’s Economy.com das Volumen der notleidenden Kredite in den letzten zwei Jahren nahezu verdoppelt, seit 2000 hat sich das Gesamtvolumen gut vervierfacht. Der Zuwachs in den letzten zwei Jahren war bei den Zahlungsverzögerungen von 90 bis 120 Tagen am deutlichsten ausgeprägt (+ 155%), während der bei Zahlungsverzögerungen bis 30 Tagen am geringsten ausfiel (41%).
Der unten stehende Chart zeigt das annualisierte Volumen der notleidenden Darlehen ab 2000:

Der Fokus liegt zunächst auf dem Immobiliensektor; Kreditkartenbelastungen wie Schulden aus den Automobilkauf werden später gesondert abgehandelt.
Immobiliensektor:
Grundlage ist der vierteljährlich publizierte National Delinquency Survey der Mortgage Bankers Association’s (MBA).
Die Gesamtzahl der Zahlungsverzögerungen bei Hypothekendarlehen stieg auf ein neues Allzeithoch bei 6,99%. Dieser Wert beinhaltet keine Schuldner, die bereits im Zwangsversteigerungsprozess stecken. Für den Anstieg der Gesamtzahl waren vor allem Zahlungsverzögerungen, die 90 oder mehr Tage überfällig waren, verantwortlich. Die Entwicklung wurde grossteils in den Brennpunkten Kalifornien und Florida gesehen. Der Prozentsatz der Schuldner, die weniger als 30 Tage überfällig sind, liegt momentan unter dem Niveau aus 2002.
Zahlungsschwierigkeiten sind vor allem in den Darlehen mit niedriger Bonität sowie auch variabelem Zinssatz fokussiert. Wie folgender Chart zeigt, ist der Prozentsatz der Schuldner mit so genannten Subprime-Krediten kräftig gestiegen; am deutlichsten dabei, wenn zudem eine kurze Fälligkeit gewählt wurde.

Der Zahlungsnot liegen laut einer MBA Studie grossteils (41,5%) Arbeitslosigkeit und Einkommenseinbußen zu Grunde. Angesicht der zuletzt publizierten Arbeitsmarktdaten lohnt so ein Blick auf die Zwangsversteigerungen wie die Stellenveränderungen.
Wie der unten stehende Chart zeigt, hat die Arbeitsmarktsituation einen gewissen Vorlaufeffekt auf die kommenden Zwangsversteigerungen. Gewählt wurde der drei Monatsschnitt der Stellenveränderungen (inverse Darstellung) und Zwangsversteigerungen bei Hypothekendarlehen mit hoher Bonität.

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Wie erwähnt werden die Kreditkartenschulden später abgehandelt; deshalb nur kurz zur Übersicht zwei Charts, die die zunehmenden Zahlungsverzögerungen und Ausfallraten dokumentieren. Links die Kreditkartenschulden und rechts die Autokredite:


Die zunehmende Zahl der Insolvenzen lässt sich nur schwer im historischen Kontext darstellen, da das US-Insolvenzrecht im Oktober 2005 geändert wurde. Nichtsdestotrotz hier ein Chart der privaten Insolvenzen seit 1980:

Demnächst folgt dann mehr zur Staatsverschuldung, zudem der Blick auch auf andere Länder und Sektoren geworfen.